Es erklingen gestreckte, orchestrale Sounds, die Atmosphären von Zartheit und Tiefe vermitteln. Ihre magische Unaufgeregtheit durchweht jeden Raum. Sich stets wiederholende Schleifen, deren Konturen die Harmonien nur andeuten, aber in ihrer Gesamtheit dann doch so etwas verspielt Melancholisches entstehen lassen. Dabei sind es erst die Wiederholungen, die diesen Samplings eine untröstliche Existenz einräumen. Eigenwillige Klangfarbenmischungen, Traumsequenzen, blühende Metamorphosen, subtile Soundtexturen, die behutsam vereinnahmen.

Seit vielen Jahren entwirft Celer, mit bürgerlichem Namen William Thomas Long, diese Sounds von bezwingender Schönheit. Schon in ganz jungen Jahren war er auf der Suche nach kultureller Identifikation. Er wuchs in einer, nach eigenen Angaben, „konservativen evangelischen Familie“ in Mississippi auf und konnte seine kreativen Ansprüche nur außerhalb dieser Enge befriedigen. Long studierte Literatur und Geschichte, fotografierte in seiner freien Zeit und beschäftigte sich spielerisch mit musikalischen Sounds und den Möglichkeiten der technischen Realisation. „Wie beim Schreiben oder Fotografieren war es nur eine andere Möglichkeit, etwas aus mir herauszuholen, das Bedürfnis nach einer Art Ausdruck. Ich erinnere mich, dass ich mich wirklich für alternative Techniken zum Musizieren interessierte, wie Geschwindigkeitsänderungen, Bandmanipulation und die Möglichkeiten des Samplings. Es war eine Möglichkeit, ein Gefühl zu erschaffen oder neu zu erschaffen.“

Bewusste Vorbilder hatte Will Long nie. Dass jedoch vieles von dem unbewusst aufgenommenen dazu beigetragen hat, seine eigene musikalische Stimme zu finden, ist ihm hingegen klar.

Er konzentrierte sich in seinem Leben immer stärker auf Musik, als auf alles andere und produzierte mit einfachen Mitteln, und anfangs gemeinsam mit seiner Freundin Danielle als Duo unter dem Namen Celer, etliche Aufnahmen. Die erste Identitätskrise hatte Long als seine Freundin tragisch ums Leben kam und er nicht wusste, ob er überhaupt noch Musik produzieren wollte.

2011 ging er nach Japan. Von Tokio aus wirkt er seit fast einem Jahrzehnt, produziert immer neue Musik, deren Wärme und Dringlichkeit beeindruckt. Wie denn der Alltag von jemandem aussehe, der bisher über einhundert Alben veröffentlicht habe, wurde er vor einiger Zeit gefragt: „Ich bin freiberuflich tätig, daher ändert sich das auch immer wieder. Aber typische Tage beinhalten das Verpacken von Bestellungen, das Gehen zur Post, das Spielen mit meiner Tochter, wenn sie Zeit hat, Geschirr spülen, Wäsche waschen, Teilzeit in Ost-Tokio arbeiten, pendeln, Freunde nach der Arbeit treffen, Plattenläden besuchen, um Platten und CDs zu verkaufen, mit der Familie zu Abend essen, lange aufbleiben, an Musik arbeiten und nachts im Park spazieren gehen.“

Völlig unspektakulär also. Zu solch einem Tagesablauf passt aber die Musik Celers wunderbar. Diese Mischung aus Ambient und Drone (La Monte Young erklärte Drone einmal als einen anhaltenden Ton innerhalb der Minimal Music) ist eine stark emotionalisierte Herangehensweise an die Musik. „Manchmal muss man nur den richtigen Wiederholungspunkt für die Schleifen finden, der einem das richtige Gefühl gibt. Wenn ich das Band bewege und den Punkt finde, an dem ich es nicht ausschalten möchte, trifft es genau diesen Punkt. Es geht fast nie darum, etwas mit der Idee zu kreieren, sondern herauszufinden, wo genau die Musik mit Ihnen verbunden ist“. Ästhetik auf der Höhe der Zeit.