Ich kann mich noch gut an meine erste wirklich tiefgreifende Erfahrung mit sphärischen Ambient/Drone erinnern, weit zurückliegend in den 90er Jahren, als vom damaligen Projekt-Label aus Amerika eine schlichte, sehr ästhetisch verpackte 3er CD-Box von Vidna Obmana mit dem Titel “Trilogy” erschien. Das Covermotiv mit irgendwie unwirklichen/romantischen Motiven aus der Natur fand einen auf den Punkt gebrachten Einklang mit extrem zerbrechlichen Klängen, die eine Weltentrücktheit an den Tag legten, die mir so bis zu diesem Zeitpunkt in dieser musikalischen Form was ganz neues offenbarte. Langsam, schwerelos, rhythmusfrei drifteten Sounds sich von ganz weit draußen kommend in den Vordergrund, machten die Cover-Skulpturen lebendig, wirkten im höchsten Masse zerbrechlich.
Gab es seinerzeit einen Overkill an Veröffentlichungen eben dieses Projektes und Künstlern wie Steve Roach, sind es in der Neuzeit Projekte wie Celer, Bvdub, Stars of the Lid, Eluvium, Ian Hawgood uvm., die diese Fährte aufgenommen haben und regelmäßig schwebende dronige Ambientklänge fast im Quartalsrhythmus unters Volk bringen. Die Zahl der Veröffentlichungen bleibt ungezählt, ob man alle Platten braucht, sei dahingestellt, in jedem Falle ist die Musik von Celer- Komponist Will Long desöfteren von der oben benannten Zurückhaltung geprägt, wie ein nicht enden wollender Trip durch ein Wolkenmeer…komplett entschleunigend.
“Sky Limits“ friert Momente ein, schaut nach innen, reflektiert, wirft Bilder auf, lässt Horizonte verschwimmen, ist melancholisch klar, manchmal frühlingshaft morgendlich verschlafen, manchmal klar wie ein in weiß getauchtes Winterbild. Man tritt aus sich selbst heraus, lässt imaginäre Kamerafahrten in Highspeed durch Großstädte, Natur und Himmelsbilder rauschen, alles in Widescope. Surreale, verschlafene Fragmente, Zugfahrten mit vorbeiziehenden Panoramen, unwirklich, schemenhaft. Die Augen werden schwerer und schwerer, Gedanken kreisen, Alltäglichkeiten, Personen und alles Weltliche löst sich in diesem driftenden Auf und Ab in Bedeutungslosigkeit auf. Celer lädt zur Reflektion ein, umarmt die Stille, nimmt das Tempo in einem ewigen von Schnelligkeit pulsierenden Alltag raus. Treibt die Synapsen hinauf in Weiten, friedlich schimmernd ins Licht.
Dronige glasklare melancholische Flächen, die letztlich warm, verschwommen und doch unwirklich ihre ganz eigene Form an Eleganz definieren, weit weg von schnödem New Age. Bruchstücke an Erinnerungen, Vergangenheitsbilder, längst vergessene Gedanken-Fragmente bahnen sich den Weg frei, man drückt auf die mentale Pause-Taste, versucht sich am Festhalten so manch heraufbeschworener Bilder, nur um sie letztlich doch ziehen zu lassen. Nostalgie, Wehmut und Vergänglichkeit paaren sich mit diesen kurzen Aufflackern von Glückseligkeit, Klarheit, die doch oftmals wie ein Traum am Morgen innerhalb von Sekunden im Nichts verschwinden. Celer reihen sich in die Riege solcher fragilen Minimalisten wie z.B Stars of the Lid ein, die in ihrer romantisch entrückten Art und Weise doch so große Momente zu schaffen in der Lage sind. “Sky Limits“ baut im Vergleich zu den letzten Veröffentlichungen dieses Mal konsequent über Albumlänge ein Netz an durchgehender sonnendurchfluteter Sphärik, experimentelles findet sich nicht auf dieser in Schönklang, im Äther driftenden Platte.
Trotz der Masse an Field/Drone/Ambient-Veröffentlichungen in den letzten Jahren ist diese Celer-Veröffentlichung ein unbedingtes Highlight, reicht es an doch an o.g. Klassiker heran und bringt über die gesamte Laufzeit die Kraft und Schönheit dieser Genre auf den Punkt.